Vortragsbericht: Karina Michaelis spricht an der Universität Vechta über Materialbildung in der Designlehre

Materialbildung in der Designlehre: Materialbibliotheken als didaktische Werkzeuge und vernetzende Lernorte. Vortrag an der Universität Vechta

Verfasst von Karina Michaelis, M.A. 

Material ist im Design nicht nur Rohstoff oder technischer Produktionsfaktor, sondern Träger von Bedeutungen, Wirkungen und kulturellen Zuschreibungen. In der gestalterischen Lehre eröffnet Materialbildung ein Spannungsfeld zwischen sinnlicher Erfahrung, handwerklicher Praxis, technologischem Wissen und ökologischen Herausforderungen. Historische Beispiele – von Elizabeth Mayos „object lessons“ im 19. Jahrhundert über die Materialübungen im Bauhaus bis hin zu Kükelhaus’ haptischen Didaktiken – zeigen, wie Werkstoffe seit jeher als curriculare Grundlage des Lernens eingesetzt wurden. Zeitgenössische Ansätze erweitern diese Tradition durch experimentelle Materialbildung, die nachhaltige Ressourcen wie Algen, Pilze oder Laub in gestalterische Prozesse integriert. Dabei entstehen nicht nur neue Materialästhetiken, sondern auch Bildungspraktiken, die Studierende in Forschung und Entwicklung einbeziehen.

Zentrale Bedeutung gewinnen heute Materialbibliotheken als Lernorte. Sie verbinden physische Archive mit digitalen Datenbanken, dokumentieren Materialexperimente und machen eine Vielzahl an Werkstoffen systematisch zugänglich. Neben internationalen Plattformen entstehen partiell hochschuleigene Archive, wie sie die DIPLOMA Hochschule (Leitung Karina Michaelis) in Kooperation mit der HAWK Hildesheim (Leitung Pia Danner) entwickelt hat. Das kooperative Projekt versteht sich als didaktischer Knotenpunkt, der Gestaltung, Handwerk und Architektur interdisziplinär vernetzt. Es werden Sinneszugänge geöffnet, die Materialperzeption gestärkt sowie ein Beitrag zu nachhaltigen Materialentscheidungen im Entwurfsprozess ermöglicht.



Der Vortrag im Rahmen der Abschlusstagung „Zukunft lernen, Wandel gestalten: Innovative Formate für Bildung für nachhaltige Entwicklung in der Hochschule“ des Senatra-Projekts an der Universität Vechta am 01.09. verdeutlicht die Relevanz von Materialbibliotheken, gibt Einblicke in ein umfassendes Kooperationsprojekt und legt dar, weshalb ihre curriculare Verankerung als integrale Lehr- und Lernwerkzeuge notwendig ist. Karina Michaelis vertritt die These, dass Materialbildung Student*innen dazu befähigt, Werkstoffe nicht nur funktional, sondern ebenso kulturell, ökologisch und ästhetisch kritisch zu reflektieren. Materialbibliotheken können dabei zugleich als Archive, Experimentierräume und Diskursplattformen wirken und leisten einen entscheidenden Beitrag zur Entwicklung einer zukunftsorientierten, nachhaltigen Designpädagogik.